"Von den fünf Waldstädten will ich erzählen, in denen ich als Kind oft glücklich gewesen bin. Wir waren ihrer drei: meine beiden Freunde Ludwig, Heinrich und ich. Als Ludwig in jungen Jahren starb, waren Heinrich und ich die fast unumschränkten Herren der fünf Waldstädte." Diese Waldstädte sind natürlich keine "richtigen" Städte; es sind aber durchaus richtige, wichtige Orte, die von der jugendlichen Fantasie mit der ihnen gebührenden Bedeutung aufgeladen werden: "Ameisenfeld" und "Eichhofen" heißen sie, "Der Geistergrund", "Heinrichsburg" und, zuletzt am wichtigsten, "Die heilige Stadt", denn das ist der Ort, zu dem Ludwig, der Bruder vom Herrn der "Heinrichsburg", am Ende aufbrechen wird .
Neben der Titelerzählung enthält der Band auch die Texte "Der kleine General", "Der Schatz in der Waldmühle", "Der angebundene Kirchturm", "Das Abenteuer auf der Themse", "Die Ferienkolonisten", "Gedeon", "Hotel Laubhaus", "Mein Roß und ich" und "Die Räuber aus dem Riesengebirge", von denen hier nur noch einer exemplarisch herausgegriffen sei: Gedeon, die Hauptfigur der gleichnamigen Erzählung, ist der älteste Sohn der zehn Kinder Eduards, des Onkels des Ich-Erzählers.
Als Ältester ist er der unanfechtbare Alleinherrscher, der als strahlender Held souverän über die Kinderschar regiert. Durch Demonstration seiner Tabakschnupfkünste gelingt auch dem Ich-Erzähler die Aufnahme in Gedeons illustren Ehrenkreis. Doch da geschieht das Unfassbare, und Gedeon muss beweisen, ob er wirklich jener unverwüstliche Held ist, für den ihn alle halten . Paul Kellers "Buch für Menschen, die jung sind" fesselt mit seinen teils amüsanten, teils tragischen, immer aber unterhaltsamen Geschichten Junge und Junggebliebene nicht nur durch seinen köstlichen Humor und seine tiefe Ernsthaftigkeit, sondern auch durch die geradezu bezaubernde Sprache und überhaupt den unwiderstehlichen Zauber, den dieses einzigartige Werk um den Leser legt.
Paul Keller (1873-1932) wurde als Sohn eines Maurers und Schnittwarenhändlers geboren. Zwischen 1887 und 1890 besuchte er die Präparandenanstalt in Bad Landeck und anschließend von 1890 bis 1893 das Lehrerseminar in Breslau. Nachdem er acht Monate als Lehrer im niederschlesischen Jauer tätig war, wechselte er 1894 als Hilfslehrer an die Präparandenanstalt in Schweidnitz. Zwischen 1896 und 1908 war er Volksschullehrer in Breslau.
Keller gründete die Zeitschrift "Die Bergstadt" (1912-1931) und schrieb schlesische Heimatromane sowie "Das letzte Märchen", eine Geschichte, in der ein Journalist in ein unterirdisches Märchenreich eingeladen wird, um dort eine Zeitung aufzubauen, und dabei in Intrigen innerhalb des Königshauses hineingerät. Die Namen wie "König Heredidasufoturu LXXV.", "Stimpekrex", "Doktor Nein" (der Oppositionsführer) haben wahrscheinlich Michael Ende zu seinem Roman "Die unendliche Geschichte" angeregt.
Zusammen mit dem schlesischen Lyriker und Erzähler Paul Barsch unternahm Keller zwischen 1903 und 1927 zahlreiche Reisen durch Europa und Nordafrika. Zudem führten ihn etliche Lese- und Vortragstourneen durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und die Tschechoslowakei. Er war 1910 Mitglied der Jury eines Preisausschreibens des Kölner Schokoladeproduzenten Ludwig Stollwerck für Sammelbilder des Stollwerck-Sammelalbums Nr.
12 "Humor in Bild und Wort". Keller starb am 20. August 1932 in Breslau und wurde auf dem dortigen Laurentiusfriedhof bestattet. - Paul Keller gehörte zu den meistgelesenen Autoren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, was sich in einer 1931 bei fünf Millionen liegenden Gesamtauflage seiner Bücher widerspiegelt, und wurde in 17 Sprachen übersetzt. Schriftsteller wie der alte Wilhelm Raabe oder Peter Rosegger schätzten den Autor sehr.
Gerade die früheren Werke wie "Waldwinter", "Ferien vom Ich" oder "Der Sohn der Hagar" zeichnen sich durch künstlerische Kraft und Meisterschaft aus. Seinen Roman "Die Heimat" (1903) nannte Felix Dahn "echte Heimatkunst". Seine bekanntesten Werke wurden zum Teil auch verfilmt.